Mo, 19.08.24 ab 11 Uhr in Saal 347a am Landgericht Essen, Zweigertstraße 52
Wegen zwei Hausbesetzungen und einer Beamt*innenbeleidigung findet am kommenden Montag eine Berufungsverhandlung statt. In erster Instanz wurde der angeklagte Anarchist zu 140 Tagessätzen verurteilt und legte Berufung ein. Nun wird die Sache vor dem Landgericht Essen erneut verhandelt.
Befragt wird unter anderem Pierre Alexander, der Konzernchef der HochTief AG, der seit nun über fünf Jahren einen Gebäudekomplex aus mehreren Mehrfamilienhäusern und des Denkmal geschützten HochTief Hauses leerstehen lässt. Am 8. März 2021 wurde das Haus anlässlich des feministischen Kampftages besetzt, um dort eine trans*Fläche – ein soziales Zentrum für trans*Personen zu eröffnen. Doch bereits nach wenigen Stunden und bei noch laufenden Verhandlungen mit dem Eigentümer wurde das Gebäude von der Polizei gestürmt und brutal geräumt. Wie sich all das genau ereignet hat und wessen Hausfrieden in einem leerstehendem dem Verfall bestimmten Gebäude gestört wurde wird uns der Eigentümer und Strafantragssteller Herr Alexander persönlich berichten.
Zu der zweiten Hausbesetzung, an der sich der Angeklagte beteiligt haben soll wird der Essener Staatsschutz, Oliver Moog, sowie Heike Eggmann, Mitarbeiterin der Stadt Essen Frage und Antwort stehen. Im September 2020 kurz vor den Kommunalwahlen ereignete sich im Rahmen einer angemeldeten Protestwoche mit buntem Programm auf dem Weberplatz in der nördlichen Essener Innenstadt eine offene Besetzung des ehemaligen Hauses der Begegnung, das durch die Stadt Essen zur Umgehung des Denkmalschutzes absichtlich leerstehen und nicht Instand gehalten wurde. Angesichts der rassistischen Zustände in der Essener Lokalpolitik sowie der Kriminalisierung von Schwarzen und People of Color durch die Essener Polizei und der Zentralen Ausländer Behörde (ZAB) forderten die Besetzer*innen ein Zentrum für Antirassistische Politik (ZAP), für das sich das ungenutzte Haus am Weberplatz gut eignen würde. Auch diese Besetzung wurde durch die Polizei noch am selben Tag geräumt, wobei es bei den Besetzer*innen zu vielfältigen körperlichen Schäden durch polizeiliches Handeln kam.
Zu dem Vorwurf der Beamt*innenbeleidigung, die selbst den Polizeipräsidenten Frank Richter nicht ruhig bleiben ließ, werden in ihrer Ehre gekränkte Polizist*innen angehört. Sind Essener Polizist*innen Mörder*innen und Faschist*innen und deshalb ein Transparent mit derselben Aufschrift eine legitime Meinungsäußerung, die aus Tatsachen wie den Skandalen um die rechten Chatgruppen bei der Essener Polizei oder den rassistischen Morden etwa an Adel B. Oder Mikael H. und der Beteiligung der Essener Polizei am Nationalsozialistischen Regime 1933 bis 1945?
Um all das wird es in der Verhandlung am Montag, dem 19.08.2024 ab 11 Uhr in Saal 347a des Essener Landgerichts gehen. Neben den komplexen politischen Themen und interessanten Zeug*innen wird auch die Verteidigung nicht ohne sein. Der angeklagte wird verteidigt von drei Freund*innen, die kein Jurastudium abgelegt haben und dennoch rechtlich gut bewandert sind.
Vor dem Gericht hat sich bereits eine Kundgebung zur solidarischen Begleitung der Verhandlung ab 10 Uhr auf der Zweigertstraße 52 angekündigt. Die Kundgebung trägt das Motto „Wer straft bekommt keine Ruhe“ und kritisiert damit nicht nur die Kriminalisierung von politischen Aktivitäten sondern greift das Justizsystem im Ganzen an. Die Initiative setzt sich für eine Welt ohne Strafe und für alternative, transformative Formen der Gerechtigkeit ein. Hierbei soll es etwa um Wiedergutmachung von entstandenen Schäden bei Betroffenen oder um die Reflektion und Aufarbeitung von problematischen Verhaltensweisen von Täter*innen gehen.
Für Rückfragen kann das Anarchist Black Cross Ruhrgebiet, eine Organisation, die Angeklagte vor Gericht und Menschen im Gefängnis unterstützt und mit dem Angeklagten und seinen Unterstützer*innen in Kontakt steht, unter abcruhr@systemli.org oder per Signal an 015237330751 kontaktiert werden.